Kleine Rheintour

Ich will schon Ewigkeiten eine Rheintour machen. Heute morgen unverhofft früh ausgeschlafen, was macht man mit dem Sonntag? Fahrrad ans Auto hängen und ab nach Rüdesheim um dort vielleicht nach einem gemütlichen Rheinwein-Frühschoppen auf Tour zu gehen.

Ich parkte im östlichen Teil von Rüdesheim, da wo sich Rewe, Aldi und dm die Klinke in die Hand geben und am Wochenende riesige Parkflächen freistehen. Ein paar Radumdrehungen später sah ich ganz viele gestresste, stark übergewichtige „Metallica“ T-Shirts in Kleinwagen, deren Inhalt eine Lücke auf den offiziell markierten Parkplätzen suchten. Ah, da war doch irgendwas – die Magic Bike Rüdesheim fand statt.

Den Haufen Chrom und Leder habe ich rechts stehen lassen können denn der Rheinradweg war Motorradfrei. Irgendwo hinter der Hauptveranstaltung tat sich im Westen Rüdesheim eine Lücke auf durch die ich in die Weinberge entfleuchen konnte – auf 200 Höhenmetern war das Knattern der hubraumstarken Edelbikes kaum noch zu hören. Das Problem bei Weinbergen ist naturgemäss die äusserst sonnige Lage ohne viel Schatten zum ausruhen, die Entscheidung „nochmal 100 Höhenmeter zum Niederwalddenkmal und durch den Wald nach Lorsch“ oder „auf gleicher Höhe nach Assmanshausen“ war schnell gefallen.

Hätte ich doch nur den Niederwald genommen denn hinter Assmanshausen ist vor 2024 mit der Weiterführung des Rheinradwegs auf hessischer Seite nicht zu rechnen und musste daher 3km im Windschatten überlaut röhrender und stinkender Mopeds verbringen. Zwar gibt es ab Lorch wieder einen Radweg, der ist aber direkt an der Strasse und wird daher wärend der „Magic Bike“ nicht sonderlich angenehm sein. Der Ausflug nach Kaup wurde gestrichen und auf der Rheinfähre „Niederheimbach-Lorch“ konnte ich die erhöhten Oktanwerte wieder abbauen.

Die Rheinland-Pfälzische Seite des Rheins ist weitaus angenehmer zu fahren: dicht am Rhein ist der Radweg mit regelmässigen Möglichkeiten für eine Rast, rechts daneben kommt gleich der Bahndamm der den Ausblick auf die Naturschönheiten und Burgen dort verhindert – sonst könnte der Pedalist beim Bewundern ins straucheln kommen und sich den Hals brechen. Einer dieser Burgen habe ich mich tatsächlich genähert. Viel hat sich in den letzten 1000 Jahren nicht geändert: wurden früher Schiffe geplündert sind es heute Touristen, die mit zahlreichen Angeboten zur Eigentumsübertragung ihrer Moneten aufgefordert werden.

Irgendwann stellte sich eine gewisse schläfrige Monotonie ein, plötzlich hatte ich eine Rentnerhorde vor mir und war in Bingen. Dort graste ich die kleinen Gässchen ab auf der Suche nach einem schattigen Biergarten, letztendlich begnügte ich mich mit einem Eiscafe etwas ausserhalb der Touristenmassen.

An Ende der Reise, zurück in Rüdesheim gab es einen ungeplanten Höhepunkt: An den Resten der Hindenburgbrücke traf ich einen rüstigen älteren Herren mit dem ich an einem schattigen Plätzchen ins Gespräch kam und der mir sehr lebhaft erzählen konnte wie es um Rüdesheim am Ende des zweiten Weltkriegs stand.

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