Ein Pferd was nicht Fährt, ist ein „Steht“

Samstag sehr früh ab nach Langen-Bergheim den Pferdehänger holen. Jener stand recht gut eingekeilt zwischen seinen KollegInnen (es soll ja auch #weibliche #Anhänger geben) auf einem kleinen Stück Wiese, davor ein Stück Asphalt und das war mir zum Rangieren etwas zu wenig.

Also erstmal mit dem Gewicht zweier Erwachsener die Handbremse des Trailers nach unten gedrückt (kennt da niemand WD40?), Pferdezubehör in die dafür zugehörigen Seitenkabinette geladen (so ein Pferdetransporter hat gefühlte 10 Schlüssel und noch zweimal so viele Positionen – ein ständiges Geduldsspiel), Stützrad nach unten und dann mit viel Energie und mehreren Schaukelanläufen den Hänger „zugfertig“ gemacht.

Vorteil gegenüber meinem kleinen Gartenhänger: Ich sehe ihn im Rückspiegel.

Nachteil: Ich sehe hinten nicht, ob da nicht eventuell ein Kleinwagen 100 Meter hinter mir ist, bin also auf der Autobahn auf das Wohlwollen meiner Umwelt angewiesen.

Ansonsten ist der der Zweiachser trotz seines Gewichts und zwei Achsen so zickig wie mein „Kleiner“: bei 80km/h rumpelt er, bei 100 ist der irgendwie „blöd“ und dazwischen so Unauffällig dass ich ständig in den Rückspiegel schaue ob er noch da ist.

Die Fahrt in die Rhön auf den Pferdehof irgendwo bei Bad Kissingen war also nach etwas Eingewöhnung stressfrei (um das Attribut „einschläfernd“ zu vermeiden).

Der Chauffeur am zweiten Zwischenziel (Foto: Kerstin)

Interessant war für mich, wie ich mit den Pferden klar komme. Zwar hab ich in meiner Jugend Reitunterricht gehabt, aber irgendwie waren mir diese Muskelpakete damals sehr suspekt. Am Abend vorher noch schnell im Internet recherchiert: am besten Stillstehen und irgendwo oben an der Mähne „nach der Art eines Artgenossen“ mit kräftigen Fingerbewegungen streicheln.

Naja, ich dann mitten in der kleinen Herde – war unerwartet angenehm. Wurde sehr nett begrüsst (Pferdeschnuten am Hals und in den Taschen ob da nicht ein Leckerli ist, die Hofhunde schnupperten an meinem Hintern). Ein Pferd wurde aufdringlich, also nach Lehrbuch sanft aber bestimmt in seine Schranken verwiesen.

Ruckzuck war ich integriert: Weder Pferde noch Hunde noch die beiden weiblichen Pferdevirusinfizierten interessierten sich mehr für mich, ich konnte mich frei bewegen.

Nach vielen Gesprächen und Tränchen ging es dann los: Pferd in den Hänger.

Ein „steht“ weil es nicht „ferd“

Naja, das Pferd ist willig – weiss aber nichts mit der Situation anzufangen. Also nochmal am Zügel packen, eine kleine Runde über den Asphalt und dann mit Schwung geradeaus in den Hänger, wo schon Heusack und Einstreu locken.

What the f*ck, wie bin ich hier nur hereingeraten?

Dann noch der traditionelle Schiss in den Anhänger (anscheinend wirkt das Manöver so abführend, dass Kotproben bevorzugt in Trailern genommen werden) und los gehts.

Ich habe ja schon alles gefahren, aber gut 2 Tonnen Hänger mit Lebendfracht wo ständig was im Laderaum herumscharrt und sich mit lautem Hufschlag über meinen Fahrstil beschwert?

Naja, ich wurde ja vorgewarnt ob ich mir das wirklich antun möchte.

Gut, mein Auto hat einen Vorteil: es ist ein Hybrid mit starkem Elektromotor und kann das Gespann recht „Geschmeidig“ und Ruckfrei anziehen.

Nach etwas Protestgetrete ob des schlechten Feldwegs (recht schiefe Ebene nach Rechts) und Abschiedswiehern mit Hufescharren haben sich Fahrer und Pferd darauf geeinigt, dass man sich am besten gegenseitig keinen Ärger macht.

Und das geht am besten so, dass man sich eine fast volle Tasse auf dem Armaturenbrett vorstellt und so fährt, dass diese virtuelle Tasse nicht überschwappt.

Manchmal zum gelinden Unwillen der Pferdebesitzerin „mit Ihr kannst Du schon schneller um die Kurven, die ist Anhänger gewöhnt!“ – nix da, hier wird eine Dame transportiert!

Der Lohn der Fürsorge kam für mich am Zielort: da stieg ein völlig entspanntes Pferd ohne Stress und Schweiss aus dem Hänger – Madame hat sich offensichtlich sehr wohlgefühlt und den Heubeutel geplündert.

Auf der Weide angekommen wurde ihr der Chef-Wallach zugeführt um die die Integration in die Herde zu beginnen.

Nun, der Typ ist ein echter Charmeur, Beschützer aller Stuten, ein echter Boss – und hat sich sofort in sie verliebt (naja, „sie“ ist eine Handbreit grösser als „er“ – so sind die Männer halt: lange Beine und „Mann“ beginnt zu sabbern).

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